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Klimaneutrales Deutschland
durch eine
Energie-Transformation
bis zum Jahr 2042.

 

Vorwort

Mehr als 40 Jahre meines Berufslebens war ich in der Energiewirtschaft tätig. Um so mehr bin ich selbst erstaunt, wie viele Strategien, Konzepte, Denkmodelle und vermeintlich alternativlose Vorschläge seit Jahrzehnten diskutiert wurden und immer noch diskutiert werden. Offenbar ist es nicht so einfach, entlang den Kriterien Umweltschutz, Klimaneutralität, Wirtschaftlichkeit und soziale Auswirkungen eine Politik zu verfolgen, die den vorgenannten Anforderungen gerecht wird.

Mich hat ganz einfach interessiert, warum maßgebliche Unternehmensführer der großen Energie-Konzerne nach dem 2. Weltkrieg und bis weit in den 90er Jahren eine zentralistische Unternehmensstrategie verfolgt haben. Diese Frage könnte man auch relativ einfach beantworten. Eine zentrale Energiewirtschaft verleiht entsprechende Macht und wird in der Regel als Kartell angelegt. Dies war auch in der Bundesrepublik Deutschland so, seit der Verabschiedung des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahr 1935 durch die Nazis.

Am 29. April 1998 trat das neue Energiewirtschaftsgesetz in Kraft, das insbesondere für den Strommarkt neue Rahmenbedingungen festlegte und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) auf die beabsichtigte Liberalisierung bzw. auf Wettbewerb vorbereitete.

Unabhängig von der Unternehmensstrategie wurden insbesondere nach der Ölkrise in den 70er Jahren auch die Potentiale der erneuerbaren Energien erforscht, berechnet und abschließend weitgehend verworfen. Einerseits wurde natürlich immer auf die geringen Kosten der bestehenden Kondensationskraftwerke verwiesen, um die Erneuerbaren abzuwehren. Andererseits war vielen Vorständen der großen Energieunternehmen klar, welche Potentiale die Erneuerbaren Energien haben. Gleichzeitig wurden aber in Vorlesungen der 90er Jahre über Energiewirtschaft an den Hochschulen z.B. die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen und die Endlagerung der radioaktiven Abfälle mit wenigen Pfennigen pro KWh angesetzt.

Letztendlich war bei den Vorständen und den Aufsichtsräten die Phantasie nicht vorhanden, dass alle fossilen und atomaren Energieträger endlich sind und allein deshalb eine neue Ära begonnen werden musste. Ich selber habe von 1973 bis 1977 elektrische Energietechnik und Energiewirtschaft studiert und war damals auch davon überzeugt, dass insbesondere die thermischen Kondensationskraftwerke noch lange eine Berechtigung hätten. Bei der Kernenergie war ich sogar überzeugt, dass der Schnelle Brüter, der in Kalkar am Niederrhein gebaut wurde, uns noch mehrere Jahrhunderte günstige Energie liefern könnte.

Bei meiner ersten Verantwortungsübernahme in einer Großklinik am Niederrhein, mit eigenem Dampfkraftwerk, kamen mir die ersten Zweifel ob die dezentrale Energieerzeugung der einzig richtige Weg ist. Meine damaligen Vorstellungen, zusätzlich ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zu errichten und damit in einer Klinik mit mehreren Tausend Patienten und Mitarbeitern zu 100% den Strom aus eigenen Kraftwerken bereitzustellen, wurde vom RWE hart attackiert. Insbesondere der Kampf der großen Strom-Verbundunternehmen gegen die KWK könnte ein ganzes Buch füllen.

Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Blockheizkraftwerken (BHKWs) war für zentral ausgerichtete Verbundunternehmen wie z.B. RWE eine aktive Gefährdung ihres Geschäftsmodells, weil im Gegensatz zu der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien eine gezielte Strom- und Wärmeerzeugung möglich war, auch durch den Einsatz von kostengünstigen Wärmespeichern. Dazu kam, dass die KWK oft auch ohne Förderung wirtschaftlich war.

Die Deutsche Gaswirtschaft und hier an erster Stelle die Ruhrgas AG war natürlich an der KWK sehr interessiert, weil sich so zusätzliche Erdgasmengen verstromen ließen. Ich war deshalb mehr als 20 Jahre in einem Arbeitskreis der ASUE bzw. der Deutschen Gaswirtschaft aktiv. Bei diesen interessanten Diskussionen über die rationelle und umweltschonende Strom und Wärme, wurde für mich klar, mich zukünftig für ein Stadtwerke-Unternehmen engagieren zu wollen.

Vom 1.4. 1990 bis zum 31.1. 2015 war ich dann Geschäftsführer der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH und habe dort die KWK sehr umfangreich ausgebaut.

Die massive, negative Beeinflussung der KWK durch die Verbundunternehmen RWE, E.ON und EnBW haben mich dann veranlasst, die Präsidentschaft des Bundesverbandes KWK (BKWK) zu übernehmen. Vom Jahr 2001 bis 2006 habe ich insbesondere mit den energiewirtschaftlichen Sprechern der Bundesparteien über faire Rahmenbedingungen für die KWK gesprochen. Die Arbeit war sehr mühsam und auch nur zum Teil erfolgreich, weil die Beeinflussung durch große Lobby-Gruppen der Verbundwirtschaft fast immer spürbar war.

Bereits Anfang der 90er Jahre lernte ich dann Hermann Scheer († 14. Oktober 2010) als Bundestagsabgeordneter (MdB) der SPD kennen. Hermann Scheer war einer der ersten, der sehr prägnant die Probleme der fossilen und atomaren Risiken für die Weltwirtschaft dargelegt hat. Er hat die zunehmenden internationalen Konflikte über die restlichen Ressourcen und die Sicherheitsgefahren der Kernenergie weltweit thematisiert und dadurch entscheidend die „grüne“ Bewegung in Gang gesetzt. Bei vielen Diskussionen mit Hermann Scheer habe ich aber gewarnt zu glauben, ein Umstieg auf erneuerbare Energien sei ein sanfter Weg zu dezentralen und kleinteiligen Energieversorgungskonzepten.

Natürlich begann der Weg dezentral und viele wurden von Konsumenten zu Produzenten (Prosumer), aber dabei wird es nicht bleiben, wie nachfolgend dargestellt wird. Bei vollständiger Umstellung auf erneuerbare Energien werden wir Offshore-Windparks im Bereich von mehr als 1000 MW sehen und Speicheranlagen mit mehreren 1000 MW werden die natürliche Fluktuation erneuerbarer Energien glätten müssen. Der Umstieg auf 100% Erneuerbare Energien wird relativ schnell gelingen, aber die dafür nötigen Erzeugerkapazitäten, die weltweiten Transportsysteme für z.B. Wasserstoff und die großen Stromspeichersysteme werden ähnliche Dimensionen erreichen, wie bereits zu Zeiten der großen Kraftwerke im letzten Jahrhundert.

Diese Internet-Plattform ist in den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 entstanden. Fehler werden sich in dieser Erstfassung kaum vermeiden lassen. Ich werde aber Fehler und natürlich entsprechende Erweiterungen des Themenspektrums und Strategieänderungen auf Grund von politischen Entscheidungen entsprechend nachtragen und Fehler korrigieren.

Ich wünsche Ihnen bei dem Studium dieser Website viel Vergnügen und hoffe, dass die teils komplexen Darstellungen der Technologien, die aus Gründen der der Übersichtlichkeit nur schematisch und verkürzt aufgezeigt werden, verständlich sind. Bei entsprechendem politischem Willen wird ein klimaneutrales Deutschland in den nächste fünf Legislaturperioden des Deutschen Bundestages bzw. bis hoffentlich dem Jahr 2042 gelingen, damit unsere abgegebenen Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens eingehalten werden können.

Johannes van Bergen

im Sommer 2021